Schloss

Das Halbe Schloss

Im September 1707 kaufte Johann von Kuntsch das Rittergut Langenleuba-Unterhain und begann zeitnah das gesamte Ensemble nach seinen Vorstellungen umgestalten zu lassen. Das bestehende Hauptgebäude entsprach nicht seines Wunsches nach Repräsentation und Luxus. Das heutige Schloss wurde von 1708 bis 1711 als Wasserschloss errichtet. Es wurde als Vierflügelanlage konzipiert und folgt architektonisch den Entwürfen des Leipziger Ratsbaumeisters Johann Gregor Fuchs. Die insgesamt 121 Außenfenster sind an den Längsseiten in 18 Fensterachsen und an den Stirnseiten in 9 Fensterachsen gegliedert. Zum Zeitpunkt seiner Planung und Erbauung stellte das Schloss zu Langenleuba-Niederhain ein hochmodernes Gebäude dar. Stilistisch zeigt sich Louis XIV mit Einfluss des Régnece, sowie Elementen der italienischen Spätrenaissance. Einige Ausführungsdetails weisen aber auch auf eine Kenntnis der niederländischen Architektur hin, die sich im „Palais op de Dam“ in Amsterdam wiederfindet. Die Grundrissgestaltung weist dagegen die zeittypische Topologie der Leipziger Handels- und Messehöfe auf. 1838 wurde der Südflügel des Schlosses niedergelegt. Seither wird das Objekt als „Halbes Schloss“ bezeichnet. Die genauen Umstände, die zum Verlust des Südflügels geführt haben sind in einem Gutachten begründet, dass im Staatsarchiv Altenburg erhalten ist. Demnach begründet sich der Verlust durch Setzungsschäden des Bauwerkes sowie einer Einquartierung der Napoleonischen Truppen zu Zeiten der napoleonischen Befreiungskriege.

Das Schloss, Zustand um 1830

Der Vorgängerbau und erste Erwähnungen

Bereits vor dem Jahr 1300 wird eine Burg in Langenleuba erwähnt. Diese befand sich an der Stelle des heutigen Rittergutes. Diese Anlage diente den Burggrafen von Altenburg zur Sicherung der Grenze zur Mark Meißen. Ab 1329 wurde das Gut an die Wettiner verkauft, welche es wiederum an regionale Adelsgeschlechter als Lehen vergaben. Über die Form und Struktur dieser ursprünglichen Anlage ist bis heute wenig bekannt. Zeichnungen und Beschreibungen dieser Anlage sind aufgrund ihrer geringen Bedeutung nicht erhalten. Gesichert ist, dass es sich bei der Burg um eine Wasserburg (eventuell einer Motte mit späterem Ausbau) mit einem umfangreichen Wirtschaftshof handelte. Bereits hier sind eine Brauerei, Stallungen, Mühlen sowie eine eigene Kapelle überliefert. Die Strukturen der mittelalterlichen Anlage haben sich im Rittergut und dem Gelände erhalten. Diese könnten eventuell durch archäologische Untersuchungen genauer bestimmt werden. Im August 2023 konnten bei Grabungen bauliche Reste des Vorgängerbaus im Bereich des Fundamentes des heutigen Schlosses gefunden werden.

Der Bauherr

Johann von Kuntsch stammte aus einer ehrwürdigen Leipziger Handelsfamilie. Er wurde 1645 in Eisleben geboren. Sein Vater war Gottfried Kuntzsch, dieser heiratete in die Handelsfamilie Bohne in Leipzig ein und übernahm das in ganz Europa vernetzte Handelshaus für Drogen und Gewürze.

Johann und seinem Bruder Christoph, der Jurist und Hofrat zu Altenburg war, gelang es durch ihren Reichtum und ihre Verdienste gegenüber der kaiserlichen Krone 1708 in den Adelsstand erhoben zu werden. Johann von Kuntsch galt laut seinem Epitaph in der Niederhainer Kirche als reicher Mann. Er besaß zu seinen Lebzeiten eine Handelsvertretung für Gewürze mit Sitz im Salzgäßchen Nr. 5, unweit des Leipziger Marktes. Darüber hinaus besaß er weitere fünf Häuser in der Leipziger Innenstadt und einen großen Garten in der Vorstadt von Leipzig. Dem neuen Adelsstand angemessen erwarb er das Rittergut in Langenleuba-Niederhain. Hier errichtete er nach modernen barocken Entwürfen das Schloss.

Bauherr, Johann von Kuntsch

Der Baumeister

Wer das heutige Schloss als Baumeister geplant hat, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. Oft wird in der Literatur der Altenburger herzogliche und Ratsbaumeister Johann Georg Hellbrunn genannt. Diese These muss aber als unwahrscheinlich angesehen werden. Hellbrunns Hauptwerke weisen eine andere Formensprache und Haltung auf, auch wäre er mit 33 Jahren ungewöhnlich jung für ein solches Vorhaben gewesen. Hellbrunns Verständnis des Barocks ist stark durch den süddeutschen und österreichischen Barock geprägt. Das Halbe Schloss orientiert sich stärker an protestantischen und niederländischen Einflüssen. Doch wer hat das Schloss nun errichtet? Als zweiter Name wird immer wieder Johann Gregor Fuchs, Ratsbaumeister der Stadt Leipzig, genannt. Auch wenn heute kaum noch ein Bauwerk von Fuchs original erhalten ist, kann eine ähnliche Formensprache festgestellt werden. Viele Indizien sprechen für Johann Gregor Fuchs als beteiligten Architekten des Schlosses. Vielleicht können hier Funde in den Archiven zukünftig eine Antwort geben.

Das Schloss als Ort der Bildung

Bereits unter Johann von Kuntsch wurde das Schloss und die Gelder, welche aus dem Rittergut erwirtschaftet wurden, für kulturelle und soziale Zwecke verwendet. Im Familienfideikomiss wurden hierzu Festlegungen getroffen. Aus den Erträgen des Gutes sollten Legate (Stipendien) für Studenten der Kunst und Musik, Handwerks- und Handlungslehrlinge sowie Unterstützungen zur Aussteuer für Bräute ermöglicht werden. Gleichzeitig gingen jährliche Zahlungen an soziale Einrichtungen in Leipzig und dem Thüringer Raum. Der Bildungsgedanke wurde immer dem Zeitbedarf angepasst. So dienten Räume des Schlosses als erste Berufsschule der Region und später auch der allgemeinen Schule. Über sonntägliche Essen mit Vorlesungen sollte bereits im 18.Jahrhundert auch der erwachsenen Bevölkerung ein Zugang zur Bildung ermöglicht werden. Die Bildungsnutzung im Halben Schloss endete mit dem Auszug der Schule im Jahr 1964/65.

Testament von Johann von Kuntsch

Das Schloss nach 1838

Das heutige Erscheinungsbild des Schlosses wird wesentlich durch den Abbruch des Südflügels bestimmt. Dieser Zustand bestimmt seit 1838 die Außenwirkung des Baukörpers. Im Ort selbst sind bisher zwei verschiedene Begründungen zum Abriss des Südflügels bekannt. Die verbreitete Erzählung zum Schatz in den Grundmauern des Hauses erläutert als Geschichtssage die Niederlegung des Gebäudeteils durch die Familie von Kuntsch. Die Niederlegung des Südflügels ist jedoch eher durch eine Kombination aus verschiedenen Faktoren zu begründen. Im Hausarchiv der Familie von Kuntsch (heute im Staatsarchiv zu Altenburg einsehbar) hat sich ein Schriftverkehr zum Vorgang des Abrisses erhalten, aus diesem wird deutlich, dass die Niederlegung aus wirtschaftlichen Aspekten erfolgte. Das Gebäude war bereits kurz nach Erbauung nur noch sporadisch als Familiensitz genutzt. Durch testamentarische Regelungen von Johann von Kuntsch sollte der Bauunterhalt des Objektes die Höhe von 100 Talern nicht überschreiten. Es ist davon auszugehen, dass diese Summe für den baulichen Unterhalt eines solchen Objektes, sowie der Anlagen des Rittergutes inklusive der Infrastruktur nicht ausreichend bemessen war. Gleichzeitig muss die Entscheidung zum Abriss im globalen Zusammenhang des historischen Kontextes stehen. Durch die Verwerfungen der Napoleonischen Kriege wurde auch wirtschaftliche Situation beeinträchtigt und notwendige Wartungsarbeiten blieben aus. Aus den Dokumenten des Archives geht hervor, dass Teile des Objektes (Südflügel) durch französische Truppen als Lazarett genutzt wurden. Dies führte zu starken Beschädigungen und Abnutzungen des Gebäudeteils. Neben den nutzungsspezifischen Gründen müssen auch baukonstruktive Probleme des Gebäudes mit zur Begründung des Abrisses beleuchtet werden. Das Rittergut wurde am 02.07.1707 an Johann von Kuntsch übertragen, bereits 1711 ist der Neubau des Schlosses fertiggestellt. Die kurze Bauzeit von unter 36 Monaten, bei Berücksichtigung der Witterung, muss auch als Ursache gezählt werden. Hier ist vor allem die Erweiterung der mittelalterlichen Burginsel zur Herstellung einer Gründung des Schlosses zu nennen. Laut Aussage des überlieferten Gutachtens kam es hier zu Setzungen, welche als Bestandsgefährdend anzusehen sind. Im Rahmen einer Abwägung wurde sich zur Erhaltung des reduzierten Bestandes entschlossen.

Bisher ist nur eine Darstellung des ganzen Schlosses bekannt, im Gutachten wird jedoch beschrieben, dass es sich beim Südflügel um die Hauptrepräsentationsräume des Objektes handelte. Hier wird auch der ehemalige Hauptsaal des Schlosses beschrieben. Dieser Saal reichte über 9 zu 7 Fassadenachsen und war 1,5 Geschosse hoch. Da er durch den Abriss verloren ging ist, ist er heute nicht mehr rekonstruierbar. Der verbliebene „kleine Saal“, vermutlich ehemals als Speisesaal geplant, im heute noch vorhandenen Gebäudeteil ist somit der größte Raum des Halben Schlosses.

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Das Halbe Schloss wurde im Gutshauspod vorgestellt, wir bedanken uns für die Möglichkeit. Hier können Sie die ganze Episode zum Schloss kostenfrei online hören. Viel Spaß!